Der Mann – ein Zahnarztmuffel
Deutsche Männer gehen nur ungern zum Zahnarzt und vernachlässigen häufiger ihr Bonusheft.Frauen sind diesbezüglich deutlich akkurater. So lassen sich etwa Dreiviertel der Frauen den regelmäßigen Zahnarztbesuch bestätigen, bei den Männern achtet lediglich die Hälfte auf die kontinuierliche Führung ihres Heftes. Die Tendenz zum Vorsorgemuffel bestätigt das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ). In Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach hat es im April und Mai 2011 eine repräsentative Umfrage zur zahnärztlichen Vorsorge durchgeführt. Hier schnitten die Männer schlechter ab als die Frauen – was die Vorsorge angeht,
entpuppten sich die Männer als Zahnarztmuffel. 55 Prozent aller Männer gaben an, regelmäßig zur Kontrolle zu gehen, bei den Frauen waren es über 70 Prozent.
Schmerzmittel statt Zahnarztbesuch
Auch eine repräsentative Umfrage der Apotheken Umschau aus dem Herbst 2012 – durchgeführt von der GfK Marktforschung in Nürnberg bei 2.070 Personen ab 14 Jahren, darunter 1.060 Frauen und 1.010 Männer – bestärkt den Verdacht, dass Männer einfach deutlich weniger vernünftig sind als Frauen. 30,9 Prozent der befragten Männer gehen grundsätzlich erst dann zum Zahnarzt, wenn sie schon Zahnschmerzen haben. Ein Verhalten, das nur 16,5 Prozent der weiblichen Befragten an den Tag legen. Viele Männer zögern den Zahnarztbesuch auch länger hinaus: Jeder dritte (33,5 Prozent) Mann behandelt sich eigenen Angaben zufolge erst einmal selbst mit Schmerzmitteln und geht erst dann zum Zahnarzt, wenn er die Schmerzen gar nicht mehr aushält. Dies trifft dagegen nur auf jede fünfte Frau (20,3 Prozent) zu. Aber wieso sollte es auch bei den Zähnen anders sein als bei der Gesundheitsvorsorge allgemein? Das vermeintlich starke Geschlecht stirbt auch lange nach den Entbehrungen der Kriegsgeneration im Durchschnitt sechs Jahre früher als Frauen. Mag es daran liegen, dass 50 Prozent der Männer übergewichtig sind, aber lediglich 33 Prozent der Frauen? Dass sie die Nase vorn haben bei Alkohol- und Tabakkonsum, beim Verzehr von Fleisch- und Wurstwaren (etwa doppelt so viel wie Frauen)? Und dass sie zudem häufiger Arbeits- und Verkehrsunfälle erleiden? Gerade einmal 20 Prozent der Männer nutzen das Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung zu Vorsorge und Früherkennungsuntersuchungen.
Prävention kommt bei Männern zu kurz
„Frauen gehen auch häufiger zum Allgemeinarzt“, sagt die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für geschlechterspezifische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, gegenüber der Initiative proDente. „Bei Männern steht Prävention nicht an erster Stelle. Viele sehen ihren Körper eher als Maschine, die repariert werden muss, wenn sie kaputt ist“, ergänzt Gleissner. Auch der Medizinsoziologe Dr. Wolfgang Micheelis, unter dessen Leitung das Institut der deutschen Zahnärzte (IDZ) gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie die repräsentative Umfrage durchführte, sieht den Geschlechterunterschied bezüglich der Prävention vor allem im unterschiedlichen Gesundheits- und Körperbewusstsein von Männern und Frauen begründet. „Frauen ernähren sich ja auch bewusster“, meint er. Ganz ähnlich verhält es sich bei der Pflege des Bonusheftes: Rund 71 Prozent der Frauen achten auf die Führung eines Bonusheftes, jedoch nur rund 56 Prozent der Männer. Auch der Zahnreport 2013 der Barmer GEK hat das Verhalten seiner Versicherten genauer unter die Lupe genommen und dokumentiert deutliche geschlechterspezifische Unterschiede. Er differenziert zusätzlich nach dem Alter der Patienten. Bei den Zehn- bis 14-Jährigen liegen Mädchen mit 79 Prozent noch gleich auf mit den Jungen (78 Prozent). Später schleichen sich dann Unterschiede ein: Bei den 25- bis 29-Jährigen gehen nur rund 55 Prozent der Männer und immerhin noch 69 Prozent der Frauen regelmäßig zum Zahnarzt.
Männer vergessen ihre Termine
„Wir wollten wissen, woran das liegt“, sagt Axel Wunsch, Sprecher der Barmer GEK. Deshalb hat die Barmer eine Online-Umfrage zu den Gründen der Zahnarztscheu durchgeführt. Über die Geschlechter hinweg scheint nach dieser Studie bei den Männern und Frauen zwischen 20 und 25 vor allem die Vereinbarung von Terminen ein Problem zu sein. 20- bis 25-jährige Männer begründen ihr Wegbleiben insbesondere mit der vergessenen Vereinbarung eines jährlichen Vorsorgetermins (82 Prozent). Ein großer Teil (62 Prozent) empfindet seine Zähne allerdings einfach als „tadellos“. Diese Aussage könnte ein Indiz dafür sein, dass nicht nur eine psychosoziale Komponente für das Fernbleiben der Männer vom Zahnarzt verantwortlich ist. Haben Männer womöglich bessere Zähne als Frauen, obwohl sie allgemein weniger für sie sorgen? Bevölkerungsweite Untersuchungen zeigen, dass Frauen häufiger Karies bekommen und mehr Zähne verlieren als Männer – trotz besserer Mundhygiene! Die Forscher ziehen dafür unter anderem hormonelle Ursachen in Betracht. So verloren Frauen, die sich nach der Menopause einer Hormontherapie unterzogen haben, nachweislich weniger Zähne als Frauen, die darauf verzichtet haben. Allerdings gebe es bei Männern wiederum mehr Fälle von Zahnbetterkrankungen, also Parodontitis. Die Ursachen hierfür könnten Stress, das Hormon Testosteron oder auch das vermehrte Rauchen sein. Allerdings sei hier noch viel Forschungsbedarf. Die eindeutigen Kausalbeziehungen (Was verursacht was?) sind aufgrund vielfältiger Co-Faktoren von Veranlagung bis Alltagsverhalten selten nachweisbar. Meist sind mehrere Ursachen zu finden. Dennoch wäre zu wünschen, dass sich unter Männern ein anderes Verständnis für ihren Körper durchsetzt: Eines, das sie auch für einen wertvollen Wagen aufbringen: „Er will gepflegt sein!“
Textquelle: Initiative proDente