Zahnspange – wieso, weshalb, warum?
„Die wenigsten Zahnfehlstellungen werden in vollem Umfang vererbt, so dass man nicht sagen kann, schau dir deine Eltern an“, weiß Prof. Dr. Heike Korbmacher-Steiner von der Klinik für Kieferorthopädie der Universität Marburg. Doch wieso schaut es in manchem Kindermund wie Kraut und Rüben aus? Schiefe, zu eng stehende oder lückige Zähne bevölkern die Münder der Kleinen zuhauf. Über 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland tragen Zahnspangen aller Art im Mund. Die Statistiken zeigen: zahlreiche Zahnfehlstellungen beruhen auf Karies, frühzeitigem Milchzahnverlust oder Funktionsstörungen, welche mit dem Mundbereich,
einer nicht vorhandenen Nasenatmung aber auch mit allgemeinen Haltungsstörungen zusammenhängen. Außerdem beeinflussen schlechte Angewohnheiten wie Daumenlutschen und Schnullernuckeln die Entwicklung des Gebisses. Durch das Saugen an einem Widerstand entsteht ein starker Unterdruck, der die Kiefer verformt und die Zähne in eine falsche Position rückt. Es sind also oftmals erworbene Anomalien, die erbliche Einflüsse verstärken können. Bei allen Fällen von Zahnfehlstellungen ist der Biss nicht korrekt. Das heißt, die obere und untere Zahnreihe trifft sich nicht exakt an ganz bestimmten Punkten, was dazu führt, dass die optimale Kraftverteilung und Funktion nicht mehr gegeben sind. Dabei geht es fast nie um einen einzigen Zahn, der aus der Reihe tanzt, meist sind Ober- und Unterkiefer so geformt, dass die obere Zahnreihe nicht richtig auf die untere passt.
Die häufigsten Fehlstellungen
Ist der Biss aus dem Lot, helfen frühzeitige kieferorthopädische Maßnahmen, Kiefer und Zähne wieder gerade zu rücken. Schiefe Zähne lassen sich meist gut korrigieren. Muss die Kieferlage behandelt werden, ist die Behandlung aufwendiger. Zu den häufigsten Fehlstellungen zählen der Überbiss, der Tiefbiss, der Engstand und der Vorbiss. Der Überbiss betrifft mindestens ein Drittel der Bevölkerung. Hier stehen die Oberkieferfrontzähne weit vor den vorderen Unterkieferzähnen. Kippen die Schneidezähne dann auch noch schräg nach vorne, spricht man von den typischen „Hasenzähnen“. BeimTiefbiss verdecken die oberen Zähne die unteren so, dass sie nicht mehr zu sehen sind. Beim Vorbiss ist das Gegenteil der Fall. Die unteren Schneidezähne beißen vor die Oberkieferzähne. Stehen die Zähne nicht in Reih und Glied, sondern sind gedreht, gekippt oder verschachtelt spricht man von einem Engstand der Zähne.
Schiefe Zähne haben Folgen
Werden Zahnfehlstellungen nicht behoben, stimmt der Biss auf Dauer nicht. Es kann zu einer permanenten Fehlbelastung kommen, die zu Verspannungen, Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und Tinnitus führen kann. Hat die Zunge nicht genügend Platz und stößt beim Kauen und Sprechen gegen die Zähne, sind Sprachprobleme wie Lispeln die Folge. Um mögliche Fehlstellungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu behandeln, empfiehlt es sich bei Hinweisen im Rahmen der zahnärztlichen Kontrolle darauf, Kinder im Vorschulalter zum ersten Mal zum Kieferorthopäden zu schicken. Er wird entscheiden, ob bereits eine Frühbehandlung notwendig ist. Einen zweiten Termin sollte man vereinbaren, wenn das Kind neun Jahre alt ist. In der Regel fängt eine umfangreiche kieferorthopädische Behandlung mit ca. zehn Jahren an und dauert zwei bis drei Jahre.
Textquelle: Initiative proDente